„Erstens kommt es anders und zweitens, als man denkt“
Dieses vermutlich Wilhelm Busch zugeordnete Zitat hätten wir schon verinnerlichen können – Frau Dr. Rosa Karl vom Bildungsbüro des Landkreises Bamberg und ich – doch wir wollten es nicht wahrhaben und uns unsere Träume vom gelungenen Auftakt des Vorlesetages am Freitag, den 20.11.2020, nicht zerstören lassen – Corona hin, oder her!
Es war alles geplant, durchdacht bis ins Kleinste: Von den Native Speakern, die an der Grund- und Mittelschule Hirschaid in den 17 unterschiedlichen Sprachen unserer Schule vorlesen bis hin zu den 14 Mentoren aus dem Hirschaider Gemeindegebiet, die sich an diesem Tag vorab vorstellen sollten. Zuerst die „fremde“ Sprache war angedacht, untermalt mit Bildern, um Empathie bei unseren deutschen Schülern für die neu Hinzugekommenen zu erwecken, die in ihrem fremden „Heimatland“ nichts, aber auch nichts verstehen. Die Auflösung der Texte in unsere Muttersprache wäre der zweite Stepp gewesen. „Klassiker“ wie ein internationales Spezialitäten Buffett, oder ethnische Live-Musik hatten wir eh in der Planung schon außen vorgelassen.
So verlief dieser bedeutsame Tag dann doch sehr beschaulich, vorwiegend mit gegenseitigem Vorlesen und dennoch „trauten“ sich erfreulicherweise auch Externe, ihren Fuß über unsere Schwelle zu setzen:
Besondere „Highlights“ dieses Tages waren der kreative Kunstworkshop zum Thema „Heimat“ unter der Leitung von Fachoberlehrerin Angelika Flamm sowie der kreativ-schreiben-Workshop zum gleichen Thema von Nevfel Cumart, einem der bedeutendsten Lyriker unserer Zeit. Durch die großartige Unterstützung von „Demokratie leben“ und unserem Förderverein konnten wir ausgewählten Schülern aus den M-Klassen der 8. bis 10. Jahrgangsstufe dieses einmalige Erlebnis schenken. Nevfel Cumart ist zwar Träger des Bundesverdienstkreuzes am Bande, doch er ist anders als man erwartet. Denn er wirkt nicht distinguiert, spult kein vorgefertigtes Programm ab, sondern zeigt sich empathievoll, vielschichtig, flexibel und nimmt stets seine Schüler in den Blick, nie sich als Person. Seine Workshops bereiten Freude, weil sie losgelöst sind von schulischen Zwängen, von Rechtschreibung, Interpunktion und Noten. Die Gedanken der Schüler sind gefragt, behutsam angeleitet, angebahnt und schließlich kanalisiert vom Referenten. In kurzer Zeit ist das Eis gebrochen, die Schüler schreiben, fragen nach, lesen freiwillig vor und holen ihr Feedback ab – stressfrei, beflügelt und irgendwie quasi beseelt von der positiven Grundstimmung ihres Seminars. Sie werden angenommen so wie sie sind, damit haben sie auch keinerlei Berührungsängste, oder gar Scheu mehr.
Natürlich sollte diese Gefühlslage konserviert und auch zu Papier gebracht werden, weshalb wir einen weiteren Workshop zur Überarbeitung der Texte angedacht haben. In einem dritten Schritt freuen wir uns jetzt schon darauf, die gesammelten Werke der jungen Schriftsteller sowie die Arbeiten aus dem Kunstworkshop zu bündeln. Gerne möchten wir die Texte in verschiedene Sprachen übersetzen sowie auch schreiben lassen und, garniert mit den Bildern des Kunstworkshops, zu einem Buch zusammenstellen. Dieses werden wir Ihnen am „Tag des Buches“, dem 23. April 2021 voll Stolz vorstellen.
Vielen Dank an „Demokratie leben“, unseren Förderverein sowie die vielen zahlreichen Personen, die uns diesen abgespeckten, aber dennoch facettenreichen Tag des Vorlesens ermöglicht haben!
Denn glaubt man allen Forschungen, ist neben Elternhaus und Kindergarten die Schule die drittwichtigste Instanz auf dem Weg zu einer erfolgreichen Lesesozialisation.
SK