Konzept
1. Vorbemerkung
Im aktuellen Schuljahr waren im Bereich der Mittelschule viele Neuzugänge aus acht unterschiedlichen Nationen – besonders aus dem Kosovo – zu verzeichnen, die alle kein Deutsch in Wort und Schrift beherrschen bzw. nur ganz rudimentäre Kenntnisse besitzen.
Unsere Drittkraft kann diese Situation zwar aufzufangen versuchen, was aber im Rahmen ihrer 12, mittlerweile 15 Stunden realistisch nicht machbar ist.
Während der Pandemie bedingten Schließung hatten wir auch für unsere DaZ-ler die entsprechenden Oriolus-Lernprogramme für den Einsatz zu Hause erweitert, was aber an den geringen Deutschkenntnissen von Schülern sowie Eltern scheiterte. Das Lernen in Präsenz war in diesem Fall nicht zu ersetzen.
So entstand der dringende Wunsch, eine Deutschklasse wieder neu einzurichten.
Die bereits schon einmal bestandene lief genau zwei Jahre und musste dann im letzten Schuljahr aufgelöst werden, weil wir die Kinder entweder erfolgreich zum theorieentlasteten Abschluss führen, oder sie in die Regelklassen integrieren konnten.
2. Die bisherige Vorgehensweise
Die Schülerinnen und Schüler wurden bisher bestehenden Klassen zugeordnet. Ausschlaggebend für die Zuordnung waren Alter, bisherige Schullaufbahn, Kenntnisstand…
Hier kam es vor allem im letzten Schuljahr häufiger zu Problemen. Oftmals war eine sinnvolle Zuordnung der Schülerinnen und Schüler nicht möglich, da etwa für die Beschulung in ihrer Altersklasse schulische oder sprachliche Vorkenntnisse nicht gegeben waren. Dies erschwert es, dem Regelunterricht einer Klasse zu folgen oder es bedeutet, dass ein Schüler einer Klasse zugeordnet ist, deren Altersdurchschnitt drei oder mehr Jahre unter dem eigenen liegt.
In Folge der oben geschilderten Ausgangssituation wurden im vergangenen Schuljahr die DAZ-Stunden aus dem schuleigenen Stundendeputat erhöht. Schülerinnen und Schüler wurden durch unsere Drittkraft stundenweise aus dem Klassenunterricht herausgelöst, um DAZ-Unterricht zu erhalten.
3. Die Problematik daran in Stichpunkten
• Fehlen im Regelunterricht der eigenen Klasse
• langsame Fortschritte beim Spracherwerb oder in seiner Verbesserung
• wenig Zeit für „verweilendes Lernen“
• Der Klassenlehrer hat wenig Möglichkeit, auf Migrantenkinder
einzugehen
• wenig Differenzierungsmöglichkeiten durch nicht DaZ gerechte Arbeitsblätter
• Schüler*innen „laufen nebenher“; fühlen sich wie „fünftes Rad am Wagen“ – sind oft
wenig integriert in die Klassengemeinschaft
• Große Altersunterschiede in den Klassen
4. Die Vorteile einer Deutschklasse in gebundener Form:
Die Schüler*innen verbringen den gesamten Schultag miteinander.
Das gemeinsame Mittagessen ist verpflichtend und Teil der Konzeption. Es bietet die Möglichkeit, auch untereinander ins Gespräch zu kommen und nebenbei Essens-sowie Tischsitten zu thematisieren.
Darüber hinaus zeigt die durch unsere zwei gebundenen Ganztagszüge gemachte Erfahrung, dass sich die Schüler schneller als „Familie“ begreifen, trotz heterogener Herkunft zusammenwachsen und sich anzunehmen lernen so wie sie sind.
Gemeinsame Unternehmungen unterstützen das „begreifende“ Lernen und bieten weitere natürliche Sprechanlässe (z.B. Thema geteiltes Deutschland: Besuch Mödlareuth…)
Der Ganztagsunterricht lässt deutlich bessere Strukturierungsmöglichkeiten durch Rhythmisierung, Freiarbeit, Differenzierungsstunden, verweilendes Lernen usw. zu, als dies die Regelschule vermag. Dadurch, dass der Unterricht großenteils anders als herkömmlich organisiert werden kann, schafft er durch Lernfeldunterricht statt Fachunterricht weitere natürliche Sprech- und Lernanlässe
Der Einsatz von Sozialpädagogen sowie Teamlehrern schafft größere Individualisierungs- und Differenzierungsmöglichkeiten. Diese werden auch dazu genutzt, um die „Hausaufgaben“, die hier in den Begriff „Lernzeit“ umgeschrieben werden, individuell und maßgeschneidert für jeden einzelnen in der Schule erfolgreich bewältigen zu können.
5. Das Konzept
Das Konzept der geplanten Deutschklasse in den Jahrgangsstufen 5-9 legt besonderen Wert auf individuelle Förderung und Praxisbezug. Fragen des persönlichen Lebens, Hilfen zum Selbstständig werden sowie bei den Größeren die Vorbereitung auf das Arbeitsleben sind fester Bestandteil des täglichen unterrichtlichen Lebens genauso wie die Lernförderung, angelegt als Differenzierung in den Kernfächern Deutsch, Mathematik und im Rahmen der Hausaufgaben.
Das Unterrichtsangebot entspricht somit dem Lernplan der Mittelschule, insbesondere der Stundentafel der Deutschklasse, wird aber durch über den Tag verteilte Phasen der Übung und Vertiefung, des handwerklichen Tuns und auch der Entspannung ergänzt und erweitert. Zusätzliche unterrichtliche Angebote – in sportlicher, musischer oder handwerklicher Hinsicht – sollen die Kinder in ihrer Persönlichkeitsbildung unterstützen und vorhandene Fähigkeiten weiter ausbauen.
Zudem hält es die Schule für unerlässlich, sich nach außen hin zu öffnen und zu kooperieren. So werden die zusammenarbeitenden Partner entweder eingeladen, sich an der Gestaltung der Tagesangebote an der Schule zu beteiligen, oder die Schülerinnen und Schüler erhalten die Erlaubnis, für den Besuch des Sportvereins oder für eine stundenweise Tätigkeit in einem Betrieb vor Ort vorübergehend die Schule zu verlassen.
Die geplanten 18 Schüler*innen der Deutschklasse werden in 21 Wochenstunden gemeinsam unterrichtet: „Lernfeldunterricht“, Kulturelle Bildung und Werteerziehung, Sprach- und Lernpraxis, Teile des DaZ-Unterrichts. In den restlichen Stunden sollen die Schüler*innen auf verschiedene Weisen differenziert werden.
Dies erklärt sich aus der Gegebenheit, dass sich die Stundentafeln in den Jahrgangsstufen vor allem in den berufsorientierenden Zweigen unterscheiden. Auch sind die Lerninhalte der Jahrgangsstufen sehr unterschiedlich (z.B. Mathematik 5.Jahrgangsstufe vs. 9. Jahrgangsstufe).
Der Lernfeldunterricht richtet sich nach einem Jahresplan, der sich thematisch an Feiertagen, Jahreszeiten, Lebensbedingungen und -bedürfnissen der Schüler*innen orientiert.
Die in der Klasse eingesetzten Lehrkräfte haben unterschiedliche Schwerpunkte. So verbinden die Schüler*innen mit einer bestimmten Lehrkraft auch immer einen bestimmten Inhalt. Wortschatz, Grammatik, Literatur, für sich und andere schreiben, GPG, NT, Musik, Kunst...usw.
6. Möglicher Stundenplan – abgestimmt auf die Jugendlichen, welche in der 7. bis 9.Jahrgangsstufe zu verorten wären – sie bilden den Löwenanteil der Deutschklasse
Std
Montag
Dienstag
Mittwoch
Donnerstag
Freitag
1
D
Geschichte &Geschichten
Lernzeit 8/9, Rest 7 – L1/2
D
Geschichte &Geschichten
D
Welt der Wörter
DaZ
Te/ EG 7
2
Lernzeit 8/9, Rest 7 – L1/2
D: Die Regeln des Schreibens
Te/EG7
Pause
3
Forschen&Fragen GPG – L7 NT – L8
DaZ
M 7/8 – L1/2
Te/EG/Wik 8
Sport -L4 und L5
Te/EG/Wik 9
M 7/M 9 - L1/2
4
DaZ
M 7/8 – L1/2
Te/EG/Wik 8
Forschen &Fragen – L7/8
Te/EG/WiK 9
M 7/M 9- L1/3
Pause
5
Kunst 7-9
D: Die Regeln des Schreibens
Te/EG/WiK 9
Te/EG/Wik 8
Ethik/Werte-erziehung
Lernzeit 7 – L 6 WiB 8
WiB 9 – L10 WiK 7
6
M 7/8 – L1/2
Te/EG/Wik 9
Te/EG/Wik 8
Ethik/Werte-erziehung
M 9 – L3
Wib 7 Wib 8
WiB 9 – L10 Lernzeit 7 – L1
7
Freizeit/Essen
8
M 7/8 – L1/2
M 9 - L 3
Sport – L4 / L5
Arbeitsgemeinschaften
Musik der Sprache – Sprache der Musik
9
FöU M 7/8/9 – L1/2/3
Der Unterricht ist den Lehrern thematisch grob zugeordnet. Diese unterrichten weitgehend im Lernfeldprinzip. Die Unterrichtsgegenstände ergeben die Sprechanlässe – z.B. im Bereich Deutsch: Geschichte und Geschichten, Welt der Wörter, Regeln des Schreibens, oder im Bereich der Sachfächer: Forschen und Fragen.
Rot hinterlegt sind die Anwesenheitsstunden des Sozialpädagogens/der Sozialpädagogin. Mit „L 1-10“ werden anwesende Lehrer beschrieben.
Im Bereich der arbeitspraktischen Fächer werden die Kinder auf die jeweiligen Regel-/M-Klassen aufgeteilt.
Die Arbeitsgemeinschaften am Nachmittag werden in der Regel von externen Partnern abgehalten.
Am Freitag endet der Unterricht um 13.00 Uhr. Es werden keine Hausaufgaben erteilt.
Dieser Stundenplan bildet nur die Möglichkeiten der Förderung und Differenzierung ab und ist daher leider nur fiktiv zu betrachten. Auf Grund der Größe unserer Grund- und Mittelschule mit weit über 600 Schülern und einer noch nicht gesicherten Personalplanung für das kommende Schuljahr können deshalb an dieser Stelle noch keine verbindlichen Angaben gemacht werden. Ich bitte um Verständnis.
Aber: „Wenn du etwas träumen kannst, kannst du es auch tun!“ (Walt Disney)
Hirschaid, den 07.06.2021
Sibylle Kretzschmar, Rektorin